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Turin-Fahrt 2012 - nicht nur Fiat und Fußball

Romeo Mazzoli, der Italiener aus Sachsen, der 1949 am damaligen Humanistischen Gymnasium zu Aschaffenburg das Abitur bestanden hat, inzwischen an Lebens- und Mitgliedsjahren einer der ältesten Abiturianer, hatte schon lange die Abituria zu einem Besuch in seiner Heimatstadt eingeladen, ermuntert, angeregt. Vom 6. bis 10. Juni 2012 wurde er nun endlich Wirklichkeit.

Petra Taupp („Hirundo Naturreisen“) hat die Reise vortrefflich und tadellos organisiert, Dorothee und Alfred Breitinger haben im vergangenen Jahr die Avantgarde gemacht, das Terrain sondiert und rekognosziert. Von ihnen stammte das Gros der Vorschläge für das Besichtigungsprogramm. Romeo Mazzoli und seine Partnerin Hedy Jägers waren unsere Cicerones in und durch Turin.

Was assoziiert man heute mit Turin? Es ist die erste Hauptstadt des 1860 vereinigten Italiens, da Rom damals noch Territorium des Papstes war. Heimat der Fußballvereine FC und Juventus Turin und Sitz des Unternehmens FIAT (Fabbrica Italiana Automobili Torino). In dieser Stadt ist Nietzsche – salopp gesagt – verrückt geworden, so um die Jahreswende 1888/89.

Das stimmt alles. Aber Turin ist doch etwas Anderes. Was mich am meisten überrascht hat: Die Stadt hat nicht das Flair einer dynamischen Industriemetropole. Straßenbahnen und Busse zuckeln gemächlich durch relativ schmale Straßen. Die Verstopfungen, die der Autoverkehr zu verursachen pflegt, vermisst man (nicht so sehr). Im Zentrum zeigt Turin gediegenen Wohlstand, trotz der mondänen Via Roma mit ihren Läden von exklusiver Eleganz. Es breitet unaufdringlich seine historische Tiefe aus mit den Zeugnissen aus römischer Antike, dem Borgo, einem nachgebauten Dorf um eine erkünstelte mittelalterliche Burg herum und – natürlich – die Monumente des Königreichs Sardinien-Savoyen, das seit dem Spanischen Erbfolgekrieg 1706/13 bestand: das Schloss (Palazzo Reale); der Palazzo Madama, der hinter einer barocken Fassade Reste eines medievalen Baues und eines römischen Stadttores verbirgt. Auf der Piazza de la Repubblica findet der größte Markt Europas täglich statt; die Piazza Vittorio Veneto erinnert von Ferne an die Piazza Navona und die Via Po verbindet die Piazza Castello mit der dem Pantheon ähnelnden Kirche Gran Madre di Dio …

Was gab es noch? Romeo Mazzoli erzählte mit hörbarer Skepsis die patriotische Legende vom Opfertod des einfachen Soldaten Pietro Micca, der sich 1706 allein französischen Belagerungssoldaten entgegenstellte. [Dulce et decorum est pro patria mori?] Die Auffahrt zur Mole Antonelliana, in Europa bekannt als Motiv auf der italienischen 2 Cent-Münze und im 19. Jahrhundert geplant als Synagoge vom Architekten Antonelli, damals das höchste (167,50 m) begehbare Gebäude der Welt. Das berühmte Turiner Grabtuch liegt im Dom (Cattedrale di San Giovanni Battista) wohl verwahrt in einem geschlossenen, nicht einsehbaren Schrein; Kopien können aber gleich nebenan in San Lorenzo und ein paar 100 Meter weiter in der Chiesa della Santissima Annunziata (Via Po) besichtigt werden. Die lauschigen Arkadengänge, die vor Regen und Sonne schützen, ein abwechslungsreiches Warenangebot bereithalten und von herrlichen Fassaden aller neueren Stilzeitalter bekrönt werden. Die Fahrt hinauf mit der historischen Zahnradbahn zur barocken Superga-Kirche, die bei klarer Sicht ein großartiges Panorama von Turin und den Alpen bietet. Nicht verzichten sollte man auf einen Besuch im Ägyptischen Museum, welches sich selbst als das wichtigste in aegypticis nach dem Kairoer Nationalmuseum bezeichnet. Denn spektakulär ist der zentrale Saal mit den Statuen und Sphingen: schwarz ausgeschlagen, die meist überlebensgroßen Objekte mit Spotlights angestrahlt, und so verspiegelt, dass sich Licht und Bilder vielfach brechen und den Eintretenden spornstreichs überwältigen.

Wir haben trotz aller Besichtigerei und Lauferei die Reise genossen, denn sie ermöglichte es, sich mit den Gruppenmitgliedern, die sich nur teilweise vorher schon kannten, zu unterhalten, bei guten italienischem Essen und Wein die Spiele der beginnenden Fußball-Europa-Meister-Schaft public viewing zu gucken, am Ufer des hier noch jungen Po zu ambulieren, unserem launigen Cicerone zu lauschen… Am Sonntag, als wir uns zur Rückreise vorbereiten mussten, schlug dann endlich auch das Wetter um und verabschiedete uns auf der Fahrt zum Flughafen mit einem kräftigen Regenguss.

Danke der Abituria für diese Gelegenheit, danke an Romeo und Hedy für die Einladung und die vielen Stunden ihrer Führung durch die und in der Stadt und danke allen Teilnehmern, die aufgeschlossen waren und eine harmonische und fidele Reisegruppe gebildet haben.

Dr. Bernd Müller

 

 

 

 

 

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